Standpunkt: Die Grundsteuerhebesätze bleiben konstant – Ein Grund zum Jubeln?

Unter der Überschrift „Standpunkt“ erscheinen in loser Abfolge Beiträge zu verschiedenen Themen der Gemeindeentwicklung in Welver

 

Standpunkt „Die Grundsteuerhebesätze bleiben konstant – Ein Grund zum Jubeln?“

 

In der letzten Sitzung des Jahres am 12.12.2024 verabschiedete der Rat einstimmig (mit einer Enthaltung) die Hebesätze für die Grundsteuer A und B. Diese Hebesätze bleiben so wie bisher:

  • Für die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Betriebe) 505 %;
  • für die Grundsteuer B (unbebaute, bebaute Wohn- und Nicht-Wohn-Grundstücke) 799 %.

In den vergangenen Jahren wäre diese Entscheidung die zweitbeste Nachricht für die Steuerpflichtigen gewesen, da sie für stabile Verhältnisse bedeutete. Wegen der Grundsteuerreform auf Bundesebene trifft dies jedoch jetzt nicht zu. Diese Reform ändert die Bemessungsgrundlage für die Anwendung der Hebesätze; denn der Zahlbetrag des einzelnen Steuerpflichtigen ergibt sich als Produkt aus Grundsteuermessbetrag multipliziert mit dem kommunalen Hebesatz.

Bislang lag dem Grundsteuermessbetrag ein Einheitswert zugrunde, der den Werteverhältnissen von 1964 entsprach. Im Jahr 2018 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Einheitsbewertung auf Basis des Jahres 1964 verfassungswidrig ist. Die große Koalition verabschiedete im Oktober/November 2019 die Grundsteuerreform, die ab dem 1. Januar 2025 greift.

In den vergangenen zwei Jahren ermittelten die Finanzämter unter Einbeziehung der Grundstückseigentümer (Fragebogen) die neuen Werte aller Grundstücke. Diese Werte – genauer: neuer Grundsteuerwert multipliziert mit dem Steuermessbetrag – sind ab Januar 2025 Basis für die Anwendung der kommunalen Hebesätze.

Was bedeutet es, dass die Hebesätze in Welver gleichbleiben?

  1. Die Veränderung der Grundsteuer im Jahr 2025 für einen Steuerpflichtigen, ob positiv oder negativ, geht darauf zurück, dass sich die Bemessungsgrundlage geändert hat: Das Grundstück wurde höher oder niedriger bewertet. Eine Erhöhung oder Verringerung des Zahlbetrages hat also nichts mit den Hebesätzen bzw. der Gemeinde Welver zu tun.
  2. Modellrechnungen auf Landesebene zeigen, dass sich wegen der Bewertungsänderungen der Grundstücke die Einnahmen der Gemeinden (fast immer) verringern werden. Deshalb veröffentlichte das Landesfinanzministerium Empfehlungen für die Höhe der Hebesätze, die die Gesamteinnahmen an Grundsteuer gewährleisten sollten (Aufkommensneutralität); in Welver sind die Empfehlungen für Grundsteuer A 676 % und für Grundsteuer B 904 %. (https://www.finanzverwaltung.nrw.de/system/files/media/document/file/2024-09-09_pdf-dokument_der_neutralen_hs-aktualisierung.pdf). Da die Hebesätze in Welver unter diesen Empfehlungen sind, werden die Grundsteuereinnahmen insgesamt geringer ausfallen. Zum jetzigen Zeitpunkt rechnet die Gemeinde Welver mit Mindererträgen von rund 200.000 Euro. Wegen etwaiger noch anhängiger Klagen gegen die Grundstücksbewertung der Finanzverwaltungen kann sich dies noch ändern – in beide Richtungen.
  3. Die Mindereinnahmen von 200.000 Euro verteilen sich nicht gleichmäßig auf die Steuerpflichtigen; auch bedeutet dies nicht, dass niemand höhere Grundsteuern zu tragen hat. Aus den Modellrechnungen lassen sich folgende allgemeine Aussagen ableiten: Wohngrundstücke werden insgesamt stärker belastet; dies gilt insbesondere für Einfamilienhäuser; im Mietwohnungsbereich ist die Tendenz nicht so ausgeprägt. Nicht-Wohngrundstücke werden überaus deutlich entlastet. Ebenfalls entlastet werden land- und forstwirtschaftliche Grundstücke. Da aus der Grundsteuer A die Wohngrundstücke rausgerechnet sind und der Grundsteuer B unterliegen, ist die Gesamtbelastung für einen einzelnen Steuerpflichtigen hier nicht eindeutig.
  4. Nach dem bisherigen Informationsstand führt also die Beibehaltung der Hebesätze in Welver zu Mindereinnahmen im Gemeindehaushalt, zu einer insgesamt stärkeren Belastung der Einfamilienhausbesitzer und zu einer Entlastung der Nicht-Wohngrundstücke.

Wie wird es weitergehen?

Nach Versendung der Grundsteuerbescheide wird man hinsichtlich des Steueraufkommens klarer sehen. Bleibt es bei nennenswerten Mindererträgen für die Gemeinde könnte noch bis zum 30.06.2025 über eine Anhebung der Hebesätze im Rat entschieden werden. Allerdings stehen im September die Wahlen zum Gemeinderat an – vor dem Hintergrund ist eine Anhebung der Hebesätze sehr unwahrscheinlich. Doch nach der Wahl wird der neue Gemeinderat sich diesem Thema erneut widmen (müssen) und aller Voraussicht nach die Hebesätze erhöhen.

Feiern und Jubeln – kann man heute machen. Muss man aber nicht!

 

Ilona Giese

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