Teil 2 unserer Beitragsreihe Standpunkt

Unter der Überschrift „Standpunkt“ erscheinen in loser Abfolge Beiträge zu verschiedenen Themen der Gemeindeentwicklung in Welver

 

Standpunkt „Zukunft bauen“

Teil 2: die gestaltende Gemeinde – Ein Modellprojekt für Welver

Was heute gebaut wird, bleibt lange Zeit an Ort und Stelle und bestimmt die Ansicht, das Ortsbild, die Verkehrswege, die Landschaft. In diesem Sinne ist Bauen per se die Gestaltung der Zukunft von zwei, drei, vier und mehr Generationen. Daraus erwächst eine große Verantwortung für die, die bauen. Und diese Verantwortung begründet, dass Bauen nicht nach Wünschen, Lust und Laune und in individueller Freiheit erfolgt. Bauen, egal für welchen Zweck, unterliegt zahlreichen Auflagen und Beschränkungen, Aufsichten und Gesetzen. In diesem Rahmen bewegen sich die Bauherren und ihre Architekten und entdecken in einem mehr oder weniger langen Prozess ihren ganz individuellen Gestaltungsraum. So entstehen schöne Häuser, praktische Häuser, auf hohe Rendite hin geplante Häuser und auch Gewerbestätten. Sie geben nicht nur Heimat, sondern sie bestimmen durch ihr Dasein die Heimat aller Mitbürgerinnen und Mitbürger auf eine recht lange Zeit.

Wer bestimmt nun darüber, wie neue Häuser aussehen? Wo neue Häuser gebaut werden? Wer bestimmt darüber, wo Zuzug stattfindet und wo nicht? Wie die Bewohner sich fortbewegen, um zu arbeiten, einzukaufen und zur Schule zu gehen? In welcher Hinsicht diese Häuser zukunftsgerecht sind? Wer bestimmt, wie Welver in Zukunft aussieht?

Die formale Antwort darauf ist, dass der Gemeinderat zusammen mit dem Bürgermeister darüber entscheidet. Entscheidung ist aber nicht Gestaltung – die Genehmigung von Bauantrag A und dann von Bauantrag B reagiert auf aktuelle Vorhaben, nicht jedoch auf die Herausforderungen der Zukunft.

Worum es tatsächlich bei der Gestaltung von Zukunft geht, benötigt ein Ziel, eine Vorstellung davon, wie Welver in Zukunft sein soll. Und eine Strategie, die den Weg zeigt wie das Ziel erreicht werden kann. Diese Strategie beinhaltet die heute absehbaren zukünftigen Herausforderungen: Beispielsweise die Überalterung der Bevölkerung, den Wegzug der jungen Bevölkerung, den Klimawandel und die Notwendigkeit der Klimaanpassung, den Erhalt der Biodiversität, den Wandel weg aus einer landwirtschaftlichen Arbeitsgesellschaft hin zu ortsunabhängigen Dienstleistungs- und IT-Unternehmen, den klimabewussten Verkehr, eine boden- und naturschonende Landwirtschaft,  die klimaangepasste Landschaftsgestaltung, moderne Lebensverhältnisse und Teilhabe am sozialen Leben für alle Bevölkerungsgruppen, was die Freizeitgestaltung ebenso einschließt wie ein attraktives Einkaufs- und Gastronomieumfeld.

Kurz gesagt: Wofür steht Welver eigentlich? Was will dieser Ort sein? Ein Ort zum Wohnen, der tagsüber ausgestorben ist und dem der öffentliche Personennahverkehr fehlt? Ein Ort zum Spazierengehen und Radfahren, dem die sicheren und kurzen Wege an den Land- und Kreisstraßen fehlen? Ein schöner Ort, in dem die Begegnungen zwischen Menschen eine Einladung in den Garten oder die Wohnung vorausgeht? Ein Ort mit Heimathaus und Geschichte, deren Archiven der Nachwuchs fehlt?

Welver steht vor vielen Herausforderungen – und es reicht nicht aus, über eine Bauplanung mehr Bebauung zu ermöglichen. Welver braucht Kristallisationspunkte, an denen sich Ideen andocken und Impulse für Entwicklungsenergien geben können.

Dazu gehört beispielsweise ein Quartier, in dem eine moderne Form von Wohnen und Arbeiten auf dem Land möglich ist. Das würde an die Tradition von Welver als Ort des Lebens und Arbeitens anknüpfen. Dazu gehört ein zentrales Bürgerzentrum, das auch die Archive der Ortsteile sowie auch Tagungsräumlichkeiten zur Verfügung stellt. Dazu gehört eine Co-Working-Space, die Raum für gemeinsames Arbeiten ermöglicht. Dazu gehören aber auch Projekte, die neue Wohnformen und auch Wohnungstausch entlang der Familien- und Altersphase entwickeln. Es gehört dazu die Gestaltung der Erreichbarkeit – per Bus, per Pedes oder per Rad. Da hat sich Welver auf den Weg gemacht und ist noch lange nicht da, wo es sein sollte. Und vor allem gehört dazu die Beteiligung der Bevölkerung – auch hier hat Welver schon gute Erfahrungen mit dem Wirtschaftswegekonzept und ISEK gemacht. Welver kann ein Modell für die Zukunft sein: Arbeiten und Leben auf dem Land neu gedacht und umgesetzt. Ein solches Modellprojekt wird sicher auch Förderer und Förderung finden!

Für die Ratsfraktion – Ilona Giese

 

 

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